Unfallversicherung
Akademikerinnen und Akademiker werden, insbesondere beim Start in das Berufsleben, immer wieder von Versicherungsvertretern und -maklern auf die Notwendigkeit einer privaten Unfallversicherung hingewiesen. Und tatsächlich: Die Statistik spricht eine deutliche Sprache: Jedes Jahr verletzten sich rund 8 Millionen Menschen bei einem Unfall. Dabei entfällt der größte Anteil, rund 5 Millionen, auf den privaten Bereich. Sollte nun jeder umgehend nach Abschluss seines Studiums eine private Unfallversicherung abschließen? Oder gibt es vielleicht eine sinnvollere Alternative? In diesem Beitrag wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, ob eine Unfallversicherung für Uniabsolventinnen und -absolventen zu den essenziellen Versicherungen gehört.
Eine private Unfallversicherung ist eine Versicherung, die eine monatliche Unfallrente oder einen einmaligen Geldbetrag auszahlt, wenn die versicherte Person durch einen Unfall (und nur dann!) dauerhaft in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Diese zwei zentralen Kriterien schränken den Absicherungsumfang stark ein. So sind z. B. alle dauerhaften Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, die auf einer Krankheit beruhen, nicht versichert.
Die Höhe der Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung richtet sich primär nach der vereinbarten Versicherungssumme, der vereinbarten Progression und dem Grad der dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigung.
Alle Akademikerinnen und Akademiker, die einer angestellten Beschäftigung nachgehen, sind unabhängig von der Höhe ihres Einkommens in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zahlt der Arbeitgeber. Nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind Beamte und Personen, die beamtenähnlich abgesichert sind. Freiberuflich und selbständig tätige Akademikerinnen und Akademiker haben natürlich keinen Schutz über die gesetzliche Unfallversicherung. Sie müssen sich selber um ihre Absicherung kümmern.
Ja. Im Home-Office gilt grundsätzlich der gleiche Schutz wie im Büro. So ist auch der Gang zur Toilette oder der Weg zur Küche mitversichert. Nicht versichert sind alle privaten Tätigkeiten, die nebenbei erledigt werden. Ein Gang zum Briefkasten, um die Post zu holen, wäre somit eine private Tätigkeit, bei der kein Schutz über die gesetzliche Unfallversicherung besteht. Hier greift die private Unfallversicherung.
Akademikerinnen und Akademiker haben als Hochschulabsolventen eine sehr spezielle Ausbildung. Wenn Sie aufgrund eines Unfalls nicht mehr in der Lage sind, diese speziellen Kenntnisse anzuwenden und auf dem Arbeitsmarkt anzubieten und zu „verkaufen“, dann ist der wirtschaftliche Abstieg in den allermeisten Fällen unvermeidbar. Von daher macht es grundsätzlich schon Sinn, eine Versicherung abzuschließen, die vor den finanziellen Folgen einer durch einen Unfall ausgelösten Invalidität schützt.
Aber: Grundsätzlich ist es besser, eine Versicherung abzuschließen, die unabhängig von der Ursache einen Schutz bietet, wenn man seiner beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen kann. Diesen umfassenden Versicherungsschutz bietet die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Sie leistet, wenn Akademikerinnen und Akademiker aufgrund eines Unfalls oder einer körperlichen oder psychischen Krankheit ihrer zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit für mindestens sechs Monate nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt nachgehen können.
Was unter einem Unfall zu verstehen ist, ist im § 178 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) geregelt. Dort heißt es: „Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.“ Diese Definition ist sehr eng gehalten und führt in der Praxis zu vielen Streitigkeiten. Dies sei an einem Beispiel aus der Praxis erläutert:
Ein als Controller tätiger Betriebswirt war es gewohnt, im Anschluss an seine berufliche Tätigkeit mit einer Kollegin regelmäßig eine Stunde zum Laufen in den Park zu gehen, um Stress abzubauen und etwas für seine Gesundheit zu tun. Als er eine Bänderzerrung hatte, ignorierte er die Schmerzen. Er wollte seine Kollegin nicht im Stich lassen und ging weiterhin wie gewohnt nach der Arbeit mit ihr zum Laufen. Es kommt, wie es kommen musste: Während eines Laufes reißt eines der Bänder. Da der Controller über eine private Unfallversicherung verfügte, kontaktierte er seine Versicherung umgehend und beanspruchte Leistungen aus seinem Unfallversicherungsvertrag. Die Versicherung prüfte sein Anliegen und lehnte schließlich jegliche Zahlung ab, da aufgrund der bereits bestehenden Bänderzerrung das Kriterium „plötzliches Ereignis“ nicht erfüllt gewesen war.
Was unter einer dauerhaften Gesundheitsschädigung zu verstehen ist, kann im § 180 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) nachgelesen werden. Demnach ist eine Beeinträchtigung dauerhaft, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und eine Änderung dieses Zustandes nicht erwartet werden kann.
Bei einer Unfallversicherung wird jedem Körperteil ein bestimmter Prozentsatz zugeordnet, auf dessen Basis die Leistung der Versicherung im Schadensfall berechnet wird. Dabei geht die Versicherung von der Annahme aus, dass nicht jedes Körperteil den gleichen „Wert“ hat. Dies sei an einem Beispiel erläutert:
In einer privaten Unfallversicherung ist vereinbart, dass der Verlust eines Armes einen Invaliditätsgrad von 80 % mit sich bringt. Das bedeutet, dass die versicherte Person einmalig 80 % der vereinbarten Versicherungssumme ausbezahlt bekommt. Eine private Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme von 200.000 Euro resultiert somit in einer einmaligen Auszahlung von 160.000 Euro.
Das Problem: Einige Körperteile haben nur einen „geringen Wert“. Der Verlust des Zeigefingers resultiert regelmäßig in einem Invaliditätsgrad von nur 15 %. In unserem Beispiel mit einer Versicherungssumme von 200.000 Euro würden von der Versicherung somit nur 30.000 Euro ausgezahlt werden. Akademikerinnen und Akademiker, die für die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit nach dem Hochschulstudium eine uneingeschränkte Funktion der Hand benötigen, wie es z. B. bei einem Chirurgen der Fall wäre, können mit einer einmaligen Auszahlung von 30.000 Euro aber nur wenig anfangen. Dies ist einer der Gründe, warum wir allen Hochschulabsolventinnen und -absolventen präferiert den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung empfehlen.
Unfallversicherungen können einen Zusatzbaustein enthalten, der eine erhöhte Leistungspflicht der Versicherung beim Vorliegen eines bestimmten Invaliditätsgrades vorsieht. Somit besteht beim Eintreten eines hohen Invaliditätsgrades eine höhere Absicherung. Dies sei an einem vereinfachten Beispiel erläutert:
Zwei Akademikerinnen (A und B) haben eine Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme von 100.000 Euro vereinbart. Akademikerin A hat eine Unfallversicherung ohne Progression. Akademikerin B hat eine Progression von 350 % in den Vertrag eingeschlossen. Beide verlieren ein Auge, was zu einem Invaliditätsgrad von 100 % führt.
Akademikerin A (ohne Progression) enthält die vereinbarte Versicherungssumme in Höhe von 100.000 Euro. Akademikerin B (mit 350 % Progression) enthält 350.000 Euro.
Unser Tipp: Alle Akademikerinnen und Akademiker, die eine Unfallversicherung abschließen möchten, sollten unbedingt die verschiedenen Progressionsmodelle bei der Auswahl der privaten Unfallversicherung (in der Regel 225 %, 350 % und 500 %) berücksichtigen, um die finanziellen Folgen eines hohen Invaliditätsgrades angemessen abzusichern.
Versicherungen bieten ihren Kundinnen und Kunden beim Abschluss einer privaten Unfallversicherung regelmäßig den Einschluss einer Dynamik an. Diese Dynamik beinhaltet eine jährliche Erhöhung der Versicherungssumme um einen bestimmten Betrag. Im gleichen Zug wird der Zahlbeitrag entsprechend erhöht. Begründet wird der Einschluss einer Dynamikklausel stets mit den steigenden Lebenshaltungskosten, die durch diese regelmäßige Erhöhung ausgeglichen werden.
Unser Tipp: Wichtiger als der Einschluss einer Dynamikklausel, die nur geringe Erhöhungen der Absicherungssumme mit sich bringt, ist der Abschluss einer angemessenen Versicherungssumme, die im Fall der Fälle eine ausreichende Absicherung bietet.
Private Unfallversicherungen beinhalten in der Regel einen weltweiten Versicherungsschutz. Somit sind auch internationale Dienstreisen, grenzüberschreitende Freizeitaktivitäten und Urlaubsreisen ins Ausland abgesichert. Zur Sicherheit sollte aber ein Blick in die Versicherungsbedingungen geworfen oder direkt beim Versicherer nachgefragt werden.
Wenn Sie sich für den Abschluss einer privaten Unfallversicherung interessieren oder eine vergleichende Gegenüberstellung von Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung wünschen, dann fordern Sie einfach ein individuelles und unverbindliches Angebot an.
Angestellte Akademiker sind zwar über die gesetzliche Unfallversicherung geschützt – aber nur bei Unfällen während der Arbeit oder auf dem direkten Arbeitsweg.
Private Unfälle, z. B. in der Freizeit oder beim Sport, sind nicht abgedeckt. Wer im Home-Office arbeitet, profitiert zwar vom Versicherungsschutz, doch dieser endet bei privaten Tätigkeiten. Eine private Unfallversicherung kann diese Lücke schließen.
Die private Unfallversicherung zahlt nur bei dauerhaften Schäden durch Unfälle – nicht aber bei Krankheiten, die viel häufiger zur Berufsunfähigkeit führen.
Akademiker sollten deshalb eher auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung setzen, die auch bei psychischen oder physischen Erkrankungen absichert. Sie bietet umfassenderen Schutz, insbesondere bei hochspezialisierten Berufen. Wer beide Policen kombinieren will, sollte auf sinnvolle Ergänzungen wie Progression achten.
Versicherungssumme, Progression und Gliedertaxe entscheiden über die Höhe der Leistungen im Ernstfall. Gerade für akademische Berufe, bei denen der Verlust bestimmter Körperfunktionen berufliche Konsequenzen hat, sind Details wie die Gliedertaxe entscheidend.
Weltweiter Schutz und Zusatzoptionen wie Dynamik können sinnvoll sein, sollten aber individuell geprüft werden. Eine fundierte Beratung hilft, Fehlentscheidungen zu vermeiden.